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ROMAN / 1977

Der Abschiedswalzer

Milan Kundera erzählt mit ungeheurem Witz und tanzender Leichtigkeit von einem böhmischen Kurort, dessen Quellwasser die Frauen von ihrer Unfruchtbarkeit heilen soll. Hier begegnen sich: Die Krankenschwester Rosa, die nach nur einer Nacht mit Klima, dem Trompeter des Kurortorchesters, schwanger wird; Klima, der seine Frau Kamila liebt und Rosa zur Abtreibung drängt; Franta, der wiederum Rosa abgöttisch liebt; der Gynäkologe Dr. Skreta und Jakub, der das Land verlassen will und sich von seiner Ziehtochter Olga verabschieden muss. Ein rasanter Walzer rund um die ewigen Fragen: warum macht die Liebe alles nur komplizierter? Und was bedeutet wirklich Freiheit? 

Fischer Verlag, online


Auszug aus dem Roman

Es waren Augenblicke absoluter Hellsichtigkeit, aber auch absoluter Gerührtheit; diese Frau hatte ihn nämlich schon geliebt, al ser noch unbedeutend gewesen, alles für ihn zu wesen war, sie war immer bereit gewesen, alles für ihn zu opfern, sie verstand seine Gedanken blind, er konnte mit ihr über Armstrong und über Strawinsky, über Belangloses und über Sorgen sprechen, sie stand ihm von allen am nächsten… Er stelte sich vor, dass dieser süße Körper, die ses süße Gesicht tot wären, und es schien ihm, als könnte er sie keinen einzigen Tag überleben. Er wusste, dass er fähig war, sie bis zu seinem letzten Atemzug zu beschützen, fähig, sein Leben für sie hinzugeben. Aber dieses Gefühl atemberaubender Liebe war nur ein sekundelanges, kraftloses Aufflackern, denn sein Denkes blieb von Angst und Frucht erfüllt. Er lag neben Kamila, wusste, dass er sie grenzenlos liebte, und war doch abwesend. Er streichelte ihr Gesicht, alss streichelte er es aus einer unermesslichen Entrfernung von Hunderten von Kilometern.

Fischer Taschenbuch, 2013, SS. 26

Aus den Rezensionen

dr: Roman Bösartige Leichtigkeit. Wochenpresse, 10. März 1989

Thomas Mann hat es bereits gewußt und Federico Fellini auch: Kurorte geben für Geschichtenerzähler ein wunderbares Ambiente ab. Milan Kundera siedelt seinem 1973 geschriebenen „Abschiedswalzer“ ebenfalls in einem Kurort an und hat damit das Personal bereits auf dem Tanzboden: Ärzte, Krankenschwestern, skurrile Patienten und liebeshungrige Patientinnen, eifersüchtige Liebhaber und ebensolche Ehefrauen. In den verschlafenen Kuralltag bricht ein Startrompeter aus der Hauptstadt und eine einzige Liebesnacht bringt die Wellen im gynäkologischen Bad gehörig zum Schäumen. Nur wenige Tage dauert es, bis das Drama seinem Höhepunkt zustrebt und die do beschaulichen Walzertrakte zum rasenden Galopp werden. Das Ende ist tragisch und kann doch als „Happy End“ angesehen werden. Kundera ist auch in seinen frühen Werken ganz der alte und die unter der federleichten Decke des Seins verborgene Ironie bereitet seltsamerweise höchstes Vergnügen.

Heinrich Albers: Die Abhängigen und die Mächtigen. Hamburger Abendblatt, 23./24. März 1989

Kundera ist ein empfindsamer, illusionsloser Romancier, der die Realität ideologischer Verlogenheit erfahren und gründlich durschaut hat. Von daher rührt auch seine komplexe, melancholische Lebenseinsicht: „Das Heimweh nach der Harmonie ist etwas Schönes, aber es ist zugleich auch etwas Lächerliches.“
In „Abschiedswalzer“, einer tragischen Komödie, die gleichwohl versöhnlich endet, entwirft Kundera eine Typologie wechselseitig auftretender Figuren, die für den Menschen und sein Verhalten in ganz bestimmten Lebenslagen stehen.   

Bettina Neuenhofer: Jeder tanzt mit sich zum Abschied. Neue Westfälische, Bielefeld, 1. April 1989

Milan Kundera legt mit dem „Abschiedswalzer“ einen Roman vor, den wohl niemand halb gelesen zur Seite legt. Überraschungen und interessante Unterhaltung sind auf jeden Fall garantiert. Genauso gesichert ist aber wohl, auch die Erkenntnis zum Schluß, daß in einer Welt wie der beschriebenen zu leben unerträglich wäre. 

Einbände der ausländischen Ausgaben

Türkische Ausgabe

Tschechische Ausgabe

Bulgarische Ausgabe

Portugiesische Ausgabe

Spanische Ausgabe

Norwegische Ausgabe

Isländische Ausgabe

Estnische Ausgabe

Über den Roman

Wissen Sie, wer die größten Misogyne auf der Welt sind? Die Fauen. Meine Herren, kein Mann, nicht einmal ein Herr Klima, der schon von zwein Damen mit einer Schwangerschaft geleimt wurde, verspürt Frauen gegenüber einen solchen Hass, wie Frauen ihn überhaupt um uns? Nur, um ihre Kolleginnen zu verletzen und zu demütigen. Gott hatt den Frauen den Hass auf andere Frauen ins Herz gelegt, weil er wollte, dass die Menschheit sich vermehrt.“

Fischer Taschenbuch, 2013, SS. 46-47 

Die Milan-Kundera-Bibliothek erfährt von der Südmährischen Region und der Statutarstadt Brünn finanzielle Unterstützung.

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