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ROMAN / 1998

Die Identität

Chantal und Jean-Marc sind ein glückliches Paar. Doch als Chantal bemerkt, dass sich die Männer nicht mehr nach ihr umdrehen, hat Jean-Marc einen Plan. Um ihr das Gefühl wiederzugeben, attraktiv und begehrenswert zu sein, schreibt er ihr anonyme Liebesbriefe. Fasziniert beobachtet er, wie Chantal mit jedem eintreffenden Brief strahlender und lebendiger wird. Bis Jean-Marc die Eifersucht packt. Ihre Liebe wird zu einem gefährlichen Spiel, in dem der eine dem anderen zu entgleiten droht.


Fischer Verlag, online: https://www.fischerverlage.de/buch/milan-kundera-die-identitaet-9783596143573

Über den Roman

In keinem anderen seiner Werke wird diese Herausforderung so kühn angenommen wie in Die Identität. Lesen wir die ersten Seiten des Romans noch einmal: ein Hotel am Meer, ein Strand voller Feriengäste, eine Frau, die hier hingekommen ist, um auf ihren Liebhaber zu warten; eigentlich alles ganz »normal«. Lesen wir nun das Ende desselben Romans: eine seltsame Nacht in einem Haus in London, mit Fenstern, vor denen rote Vorhänge zugezogen werden, mit zügellosen, geisterhaften Sex-partygästen, Türen, die zugenagelt werden, einer nackten Frau, die sich in einem Kabuff versteckt und nicht mehr weiß, wie sie heißt, während gegenüber, auf der Straße, ein Mann ohne einen Heller einen Schrei ausstößt; wir sind mitten in einem Albtraum, in einer Welt, in der die Konventionen des gewöhnlichen »Realen« nicht mehr funktionieren. Wie konnte zwischen diesen beiden Szenen alles umschlagen? Was ist geschehen? Was ist den Personen zugestoßen? »Von welchem Augenblick an hat sich ihr wirkliches Leben in diese perfide Phantasie verwandelt? [...] In welchem Augenblick genau hat sich das Wirkliche in Unwirkliches, die Realität in Träumerei verwandelt? Wo war die Grenze? Wo ist die Grenze?«
Es ist eine der großen Stärken der Identität, diese Frage nie zu beantworten.  

(Nachwort von François Ricard, Aus dem Französischen von Uli Aumüller)

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Auszug aus dem Roman

Ich sehe ihre beiden Köpfe im Profil, beleuchtet vom Licht einer kleinen Nachttischlampe: Jean-Marcs Kopf, den Nacken auf einem Kopfpolster; Chantals Kopf, etwa zehn Zentimeter über ihn gebeugt.
Sie sagte: >> Ich lasse dich nicht mehr aus den Augen. Ich werde dich ununterbrochen ansehen.<<
Und nach einer Pause: >> Ich habe Angst, wenn mein Auge blinzelt. Angst, dass während dieser Sekunde, in der mein Blick erlischt, sich eine Schlange, eine Ratte, ein anderer Mann an deine Stelle schiebt.<<
Er versuchte, sich etwas aufzurichten, um sie mit seinen Lippen zu berühren.
Sie schüttelte den Kopf: >> Nein, ich will dich nur anse- hen.<<
Und dann: >>Ich lasse die Lampe die ganze Nacht an. In allen Nächten.<<

Fischer Taschenbuch, 2013, SS. 142.

Die Milan-Kundera-Bibliothek wird von der Südmährischen Region und der Statutarstadt Brünn finanziell unterstützt.


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